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Praxisbericht Pulverbeschichtung

Rockracer

Mitglied
Ich habe nach „haltbaren“ Lösungen für die Lackierung/Beschichtung von Alu gesucht und bin bei der Pulverbeschichtung fündig geworden.

Bei der Pulverbeschichtung wird ein „Kunststoffpulver“ auf das Werkstück aufgebracht und anschließend erhitzt, wodurch das Pulver zu einer geschlossenen Schicht verschmilzt. Für den Auftrag der Pulvers benötigt man eine spezielle Pulverpistole. Die Pistole lädt das Pulver elektrisch auf und bläst es auf das Werkstück. Durch die elektrische Ladung wird der Pulvernebel sozusagen vom Werkstück angezogen (Experten können das sicherlich besser ausdrücke als ich :D). Die professionellen Pistolen sind teilweise recht teuer und erfordern einen separaten Druckluftkompressor. Zum Glück gibt es auch eine günstige Variante mit integriertem „Fön“. Das Gerät gibt es unter dem Namen „easy coat“ in der Bucht. In Auktionen gehen die Pistolen meist für 120 – 130 EUR weg, ich hatte Glück und habe die Pistole für 103 EUR geschossen. So sieht das dann aus



Dem Gerät liegt genau eine Pulverkartusche bei. Wenn man mehr als eine Farbe pulvern möchte, empfiehlt es sich noch ein paar Ersatzkartuschen zu besorgen, denn die Kartusche zu säubern ist nicht gerade einfach. Das grün-gelbe Kabel ist die Erdung, die an das Werkstück angeschlossen wird, damit der oben beschriebene Effekt funktioniert. Das klappt natürlich nur, wenn man auch eine geerdete Steckdose für das Netzteil verwendet;).

Für das Einbrennen benötigt man einen Ofen. Es wird empfohlen dafür keinen Ofen zu nehmen, in dem auch Lebensmittel zubereitet werden. Deswegen und auch aus praktischen Gründen (damit ich nicht immer die Küche laufen muss ;)) habe ich mir einen kleinen 30-Liter-Pizza-Ofen für 40 EUR zugelegt.



Der Innenraum hat ca. die Maße BxHxT 33x18x27 cm. 1:1-Felgen kann man damit natürlich nicht beschichten, aber für meine Zwecke reicht die Größe.

Ich habe den Ofen noch so modifiziert, dass ich den Grillrost ganz oben einschieben kann. Dazu habe ich die äußere Schutzhülle vom Ofen entfernt und ein paar Schrauben in die innere Metallhülle gesetzt (siehe rote Markierung), auf denen der Rost aufliegt. So kann ich die Werkstücke an Metallhaken an den Rost hängen und die maximale Höhe des Grills nutzen.


Der Grill selbst ist soweit okay. Das Gehäuse wird vor allem oben recht heiß (60 – 70 Grad), da muss man ein bisschen aufpassen. Die Temperaturangabe auf dem Drehregler passt auch nicht so genau zur tatsächlichen Temperatur, weswegen ich anfangs noch mit dem Infrarot-Thermometer kontrolliert habe. Aber was will man für 40 EUR auch schon groß erwarten ...

Zuletzt benötigt man noch den Pulverlack. Da gibt es verschiedene Varianten (Epoxi, Polyester, Hybrid, Polyurethan, Acrylat, für Details siehe z.B. Wikpedia). Die Farbauswahl ist groß, man bekommt alle Farben der gängigen Farb-Paletten (z.B. RAL) in allen Glanzgraden (glänzend, seidenmatt, matt, etc.) und Oberflächenstrukturen (glatt, leicht strukturiert, stark strukturiert). Es gibt auch Sonderlacke (Metallic, Candy, Chrom). Ich sage aber auch direkt dabei, dass man die als Hobby-RCler benötigten Kleinmengen unter 1 kg nicht überall bekommt. Wenn man einen passenden Händler gefunden hat, dann kosten 250g typischerweise ab ca. 10 EUR, wobei es in der Bucht auch schon mal deutlich günstiger geht. Laut Herstellerangaben reichen 250g für ca. 5 Quadratmeter, damit sollte man im RC-Bereich eine Weile auskommen ;)

Ach ja, das Pulver ist „Feinstaub“, d.h. es empfiehlt sich eine gute Atemmaske beim Pulverauftrag. Deswegen habe ich auch einen Karton zur „Pulver-Kabine“ umfunktioniert, damit das überschüssige Pulver nicht im ganzen Hobbykeller verteilt wird. Die Aufhängung des Werkstücks erfolgt an einem Haken, an dem die Masse angeschlossen ist und den man von oben drehen kann. So kann man das Werkstück von allen Seiten Pulvern ohne es zwischendurch abnehmen zu müssen.



Ich habe keinen Vergleich mit einem professionellen Gerät, aber die Pistole funktioniert meiner Ansicht nach recht gut. Hin und wieder „spuckt“ das Gerät jedoch etwas zu viel Pulver aus, was dann später zu einer nicht ganz glatten Oberfläche führt. Das kann man entweder hinnehmen, wenn die Oberfläche nicht ganz perfekt sein muss, oder man entfernt das Pulver einfach wieder mit einem Pinsel oder Druckluft (natürlich vor dem Einbrennen ;)) und pulvert noch einmal. Etwas unschön ist, dass die Pulverkartusche mittlerweile recht fest in der Pistole klemmt und nur noch mit sanfter Gewalt zu entfernen ist :thumbsdown: Ich bin da noch nicht in die Ursachenforschung eingestiegen, aber das nervt schon ein wenig ...

Wenn das Werkstück gepulvert ist, hängt man es (vorsichtig) in den Ofen. Temperatur und Dauer hängen vom Pulver ab, da muss man sich nach den Herstellerangaben richten. Typischerweise wird das Pulver bei 180-200 Grad für ca. 10 - 15 Minuten schön goldbraun gebacken, äh, ich meine eingebrannt :rolleyes: Die Zeitangabe gilt ab dem Zeitpunkt, ab dem das Pulver geschmolzen ist. Dies erkennt man daran, dass das Pulver glänzt (vorher ist es matt). Danach nur noch abkühlen lassen und das Werkstück ist einsatzbereit.

Stellen die nicht beschichtet werden sollen, werden vor dem Pulvern mit hitzebeständigen Klebeband oder Alufolie abgedeckt, danach Pulvern und Einbrennen und das Klebeband oder Alufolie wieder entfernen. Auf diese Art bekommt man natürlich nur sehr einfache Dekore hin, denn das Klebeband bzw. die Alufolie gibt es nun mal nicht in jeder beliebigen Form zu kaufen ;)

Ich hatte noch „normale“ Kontur-Aufkleber aus der Bucht und habe es damit mal auf einem Reststück ausprobiert. Ich war gespannt, was bei 180 Grad im Ofen damit passiert. Ich hatte damit gerechnet, dass die Aufkleber verschmoren oder verbrennen würden, aber nichts dergleichen ist passiert, sie haben vollständig ihre Form behalten. Es gibt nur einen Nachteil: wenn man die Aufkleber wieder abziehen möchte, dann klappt das leider nicht mehr am Stück, sondern man bekommt nur Mini-Stücke ab. Das kann dann schon zu Geduldsprobe werden und man beschädigt zwangsläufig mit dem Cutter (ohne den es gar nicht geht) die darunter liegende Oberfläche (das ist auch auf den nachfolgenden Bildern zu erkennen). Da ich derzeit einen Crawler gestalte, spielt das keine Rolle, denn nach dem ersten Einsatz im Gelände sind da mehr Kratzer drauf als ich zählen kann, aber man sollte das einfach im Hinterkopf haben. Ich bin bei späteren Versuchen dazu übergegangen, das Werkstück noch warm aus dem Ofen zu nehmen und danach immer wieder mit dem Heißluftfön zu erwärmen, dann geht es schon erheblich besser.

Das Ergebnis für die Panels meines R1 (Bericht siehe hier) sieht dann so aus (RAL 9005 matt)



Ich bin mit dem Ergebnis soweit zufrieden. Die Beschichtung hält kleineren mechanischen Beanspruchungen stand. Man darf natürlich keine Wunder erwarten. Man sieht z.B. dass die Beschichtung rund um die Löcher von den Befestigungsschrauben schon abgeschabt wurde, aber ggü. einer konventionellen Lackierung ist das Ergebnis deutlich widerstandsfähiger. Zusätzlich ist die Anwendung (im Hobbykeller) ist auch unkomplizierter als Lackieren (vor allem weniger geruchsintensiv).

Ich bin mal gespannt, ob Ihr auch schon Erfahrungen damit gesammelt habt und wie diese ausgefallen sind ...
 

.Cee.

Mitglied
Feine Sache :thumbsup:

Ich bin aber etwas skeptisch wie gut günstig Pulvern funktioniert - ich warte mal auf Langzeitergebnisse.

Dass die Katusche klemmt, ich tippe einfach mal auf Pulver, was sich an entsprechenden stellen ablagert...
 

Indianma$$aka

Mitglied
Schöne Erläuterungen, wenn du noch rausfinden könntest wie man Platik selber verchromen kann, dann bist du mein Held.

Ich bin da nämlich nicht entschieden weiter gekommen.
 
Zuletzt bearbeitet:

Markus2911

Mitglied
Hallo!

Normalerweise sprüht eine Pulverpistole langsam los und regelt nach dem loslassen des Abzuges wieder langsam zurück.
So Spuckt es eigentlich nicht, so sollte es sein.

Wenn die Masseverbindung stimmt, kannst du mit einem kleinem Hammer gegen das Werkstück klopfen.
So kannst du die Aufhäufungen etwas schlichten, wobei der Rest noch genug Schichtstärke behalten sollte.
Aber an der Anstoßkannte etwas nachpulvern! Und noch mal leicht über die Fläche!

Kannst du nicht die Pulver Luftmenge Einstellen?
Den Pulverbehälter nur halb voll machen.
Wird das Pulver im Behälter mit Luft aufgemischt?
Das Pulver wird Automatisch deine Injektorhülse zerfressen, dadurch wird der Pulvernebel etwas schwächer auf Dauer.

Als einer der Ahnung hat vom Pulverbeschichten, kann ich dir sagen das dein Ergebnis tip top ist!
 

Rockracer

Mitglied
Hallo!

Normalerweise sprüht eine Pulverpistole langsam los und regelt nach dem loslassen des Abzuges wieder langsam zurück.
So Spuckt es eigentlich nicht, so sollte es sein.

Wenn die Masseverbindung stimmt, kannst du mit einem kleinem Hammer gegen das Werkstück klopfen.
So kannst du die Aufhäufungen etwas schlichten, wobei der Rest noch genug Schichtstärke behalten sollte.
Aber an der Anstoßkannte etwas nachpulvern! Und noch mal leicht über die Fläche!

Kannst du nicht die Pulver Luftmenge Einstellen?
Den Pulverbehälter nur halb voll machen.
Wird das Pulver im Behälter mit Luft aufgemischt?
Das Pulver wird Automatisch deine Injektorhülse zerfressen, dadurch wird der Pulvernebel etwas schwächer auf Dauer.

Als einer der Ahnung hat vom Pulverbeschichten, kann ich dir sagen das dein Ergebnis tip top ist!
Danke für die Tipps :thumbsup: Die Luftmenge wird bei meiner Pistole über den "Abzug" geregelt, je weiter man den reindrückt, desto stärker bläst die Pistole. Wahrscheinlich habe ich einfach zu stark daran gezogen.

Mit dem Ergebnis bin ich als Laie recht zufrieden, um so mehr freut es mich, dass es Dir als Experte auch gefällt :)
 

yoshi

Betreiber
Mitarbeiter
wenn du noch rausfinden könntest wie man Platik selber verchromen kann, dann bist du mein Held.
Es gibt da mehrere Möglichkeiten.

Z.B. kann eine 1. Kupferschicht aufgedampft werden. Die restlichen Schichten können dann galvanisch aufgetragen werden.

Es gibt auch leitfähige Lacke, die die erste, leitfähige Schicht herstellen können. Ab da dann auch wieder galvanisch.
 

Rockracer

Mitglied
Da insbesondere Cee etwas skeptisch in Bezug auf die Langzeitergebnisse war, möchte ich Euch auf den aktuellen Stand bringen. Um es vorweg zu nehmen: ich bin mit dem Ergebnis immer noch sehr zufrieden.

Ohne mechanische Beanspruchung sieht das Ergebnis immer noch so aus wie am ersten Tag. Aber auch nach harter Beanspruchung kann sich das Ergebnis meiner Meinung nach sehen lassen. Ich habe meinen R1 in der letzten Zeit sehr viel in artgerechter Umgebung bewegt (teilweise scharfkantige Felsen) und dabei waren etliche Abflüge zu verzeichnen, die natürlich i.d.R. auf dem Dach enden. Nachfolgend könnt ihr sehen, wie die Pluverlackierung das verkaftet hat:



Nur an wenigen Stellen, gehen die Kratzer bis aufs Blech, ansonsten sind sie nur oberflächlich. Außerdem lässt sich keine Tendenz zum Ablösen der Beschichtung erkennen, auch nicht an den Rändern. Ich denke, das Ergebnis ist weit besser als mit einer regulären Lackierung ...
 
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